Mähdrescher

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Stark durch Gemeinschaft – Saatbaugenossenschaft Tirol

Die Tiroler Saatbaugenossenschaft verbindet seit 1949 bäuerliche Betriebe – mit gemeinsamen Strukturen, modernem Know-how und einem klaren Ziel: Zukunft für den Ackerbau in Tirol.

Die bäuerliche Zusammenarbeit hat in Tirol eine lange Tradition – und sie ist heute wichtiger denn je“, sagt Josef Gruber, Obmann der Tiroler Saatbaugenossenschaft. In einer Zeit, in der kleine landwirtschaftliche Betriebe mit Marktdruck, Bürokratie und Klimawandel zu kämpfen haben, zeigt das Modell Genossenschaft eindrucksvoll, wie gemeinsames Handeln zum Vorteil aller werden kann.

Gegründet im Jahr 1949, entstand die Tiroler Saatbaugenossenschaft aus dem Bestreben heraus, die Produktion und Vermarktung von Ackerfrüchten – allen voran Erdäpfeln – überbetrieblich zu organisieren. In einer Nachkriegsgesellschaft mit Versorgungs-

engpässen war die Motivation klar: Die Bevölkerung sollte mit regionalen Lebensmitteln versorgt und die Existenz bäuerlicher Betriebe abgesichert werden. Was als solidarische Initiative begann, entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem stabilen wirtschaftlichen Fundament für viele Höfe im Tiroler Oberland.

Verlässlichkeit und Innovation

Ein Zeichen für die Kontinuität und Stabilität der Genossenschaft: Seit ihrer Gründung im Jahr 1949 wurde sie lediglich von vier Obmännern geführt – eine beeindruckende Beständigkeit, die das Vertrauen und die enge Bindung der Mitglieder widerspiegelt. Gründungsobmann war Josef Hörtnagl aus Kematen, gefolgt von Max Schweigl (Flaurling), Josef Trenkwalder (Oberhofen) und dem heutigen Obmann Josef Gruber (Flaurling). Heute zählt die Tiroler Saatbaugenossenschaft 116 Mitglieder, die sich geografisch vom Raum Silz bis Inzing erstrecken – aber auch Betriebe aus Fiss und dem Zillertal gehören dazu. Damit vereint sie unterschiedlichste Produktionsstandorte in Tirol und stärkt so die regionale Zusammenarbeit.

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Wendepunkt EU-Beitritt

Mit dem EU-Beitritt 1995 fiel der Preisstützungsmechanismus weg, ausländische Anbieter dominierten plötzlich den Markt. Viele Bauern hatten volle, aber nicht verkaufbare Lager. „Ich war damals noch nicht in Verantwortung, aber der Druck war enorm“, erinnert sich Gruber. Die Genossenschaft stand vor dem Aus. Doch mit strukturellen Straffungen, Fokus auf das Kerngeschäft und Eigenmittel der Mitglieder gelang die Wende. „Wer damals geblieben ist, hat ein echtes Bekenntnis zum gemeinschaftlichen Weg abgelegt – das verdient höchste Anerkennung“, sagt Gruber.

Zukunftsprojekt Getreidezentrum

in Meilenstein war 2017 die Inbetriebnahme des neuen Getreidezentrums in Flaurling – technisch am neuesten Stand, mit Potenzial zur Verdoppelung der Lagerkapazität. Aktuell können dort bis zu 1.000 m³ Getreide – rund 700 Tonnen – gelagert, gereinigt und vermarktet werden. „Ein echtes Zukunftsprojekt“, so Gruber. Die Umstellung von Futter- auf Speisegetreide eröffnete neue Märkte und brachte höhere Erlöse – besonders wichtig für Betriebe im Nebenerwerb.

Breites Dienstleistungsangebot

Die Genossenschaft übernimmt heute Aufgaben, die einzelne Betriebe nicht mehr stemmen könnten: Sortierung, Reinigung, Trocknung, Abpackung, Lagerung und Vermittlung – alles abgestimmt auf einen sich rasch wandelnden Markt. „Gerade in Tirol, wo Fläche und Ertrag begrenzt sind, ist unsere Infrastruktur essenziell“, so Gruber. Die Genossenschaft fungiert auch als Know-how-Zentrum für den Ackerbau: Sie bietet Zugang zu hochwertigem Saatgut, Beratung im Pflanzenschutz und fördert den Austausch zu innovativen Anbauverfahren.

Blick nach vorne

Was bleibt, ist der Grundgedanke – was sich ändert, ist die Ausgestaltung. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Marktdynamik: All das stellt neue Anforderungen. Doch Gruber ist überzeugt: „Wir werden unsere Dienstleistungen laufend anpassen, neue Kooperationen eingehen und die Lager- und Aufbereitungskapazitäten weiter ausbauen– aber immer mit Maß und im Sinne unserer Mitglieder.“ Ziel sei ein stabiles Einkommen für bäuerliche Familien – durch Qualität, Effizienz und eine starke Gemeinschaft.

„Die Herausforderungen werden nicht weniger, aber die Genossenschaft gibt uns Sicherheit, Flexibilität und Zukunftsperspektiven – und das ist heute mehr wert denn je.“